17.00 bis 19.00 Uhr
Besuch der Mosaik-Berlin gGmbH – Betriebsstätte Spandau
Herr Falkenberg, Leiter dieser Betriebsstätte und seine Öffentlichkeitsmitarbeiterin, Frau Lange sind anwesend. Alle erklären auf Nachfrage ihr Einverständnis zu einem bebilderten Beitrag auf Webseite oder/und sozialen Medien.
Herr Falkenberg gibt zuerst einen Einblick in Geschichte, Aufgaben und Inhalte: Seit 37 Jahren gibt es diesen Standort. 270 Menschen mit Behinderungen arbeiten im Haus, 50 Personen sind Betreuungspersonal, das Haus ist «eine alte Lady» (war früher Kasernengelände), der Auftrag, die Menschen Richtung «1. Arbeitsmarkt» zu bewegen, gelingt in einigen wenigen Fällen, etwas öfter gelingt der Übergang in eine Integrationsfirma. Fast bei allen Beschäftigten ist aber der Wunsch, hier zu bleiben, sehr gross, vertraute Umgebung, vertraute Arbeitsprozesse, ein soziales, bekanntes Umfeld sind eben nicht so leicht zu ersetzen. Tragisch ist, wenn dieser Prozess mit der Rente endet, so fallen viele ‹in ein grosses Loch› und vereinsamen. Es wird gerade geprüft, ob die Möglichkeit, nach Renteneintritt wenigstens stundenweise hier zu sein, durchführbar ist.
Die Beschäftigten kommen von den Schulen hierher – die Inklusive Schule führt manch einen in den Status einer Lernunfähigkeit oder psychischen Beeinträchtigung – im Mosaik wird dann im zweijährigen Berufsbildungsbereich geprüft, welche Tätigkeiten demjenigen/derjenigen am meisten liegen. Manch einer hat aber auch gleich Freude an einer praktischen Tätigkeit. Die Arbeit z. B. in der Tischlerei ist sehr anspruchsvoll. 98 % der Produkte werden selbst hergestellt, sogar die Holzreste werden noch verbaut. Auftraggeber sind Firmen, die nur relativ kleine Margen beauftragen, denn es können nur – in Abhängigkeit der jeweiligen körperlichen, seelischen Verfassung – eine gewisse Anzahl von Produkten hergestellt werden. Etwa vor 15 Jahren musste er noch «Klinken putzen», um Auftraggeber zu gewinnen, jetzt laufen die Tischlerei und die Lebensmittelkonfektion (Tee, Gewürze, Zucker, Salze, Muskelpräparate, Popkorn) fast von allein. Mit dem Arbeitgeber Schüco konnte er einen Pauschalvertrag vereinbaren, weil ihm das Thema so wichtig ist (er zahlt also auch, wenn die Produktion nicht die vereinbarten Zahlen erreicht).
Der Kostenträger bezahlt Personal und pädagogische Betreuung, aber die Produktion muss sich selbst tragen. Das gelingt zunehmend (s. o.) Die Bezahlung der «Löhne» (Anmerkung: ich habe das in Gänsefüsse gesetzt) erfolgt in einer Solidargemeinschaft – diejenigen, die mehr leisten können, erarbeiten 110 €, manch anderer nur 15 € – trotzdem erhalten alle 110 €. Mehr würde ihnen auch nichts nutzen, da es von der Grundsicherung abgezogen werden würde (Ausnahme: EU-Rentner, da lohnt es sich, wenn sie mehr bekommen).
Männer und Frauen sind zu gleichen Anteilen vertreten. Alle ein bis zwei Jahre wird ein Entwicklungsbericht geschrieben, um die weitere Förderung zu sichern. Es gibt ein «Team 24», in diesem sind 24 Menschen, bei denen eine psychische Komponente zugrunde liegt und eine spätere Integration möglich scheint. Team 24 heisst es, damit sich niemand schämen muss, im Lebenslauf von einer Behindertenwerkstatt zu schreiben….
Sie arbeiten 36 Stunden in der Woche, es gibt auch Teilzeitverträge. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben einen Betriebsrat, die Beschäftigten einen Werkstattrat.
Stadtrat Hanke weist noch einmal deutlich darauf hin, dass die BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) im letzten Jahr erfolgreich daran gehindert wurde, das Gelände mit Wohnungen zu bebauen, jetzt ist das Mosaik mit einem 10-Jahresvertrag gesichert. Ausserdem weist er darauf hin, dass die Kunstwerkstatt in das Haus in der Kirchgasse umziehen soll, bisheriger Plan: oberste Etage – grosse internationale Künstler temporär, mittlere Etage – Kunstwerkstatt des Mosaik, Erdgeschoss Volkshochschule. Ganz klar ist noch nicht, ob die Verantwortung an den Senat abgegeben wird oder Spandau Hausherr bleibt. Der behindertengerechte Ausbau ist entschieden.
Bereiche:
Kantine – 22 Beschäftigte, ein Koch, eine Servicekraft kochen täglich 400 Portionen, von denen schon morgens deftige Angebote verzehrt werden. Hinweis: Die Kantine steht der Bevölkerung offen!
Holzwerkstatt – 160 bis 200 Kisten für Bohrer werden wöchentlich hergestellt.
Lebensmittel – sie werden alle per Hand eingetütet und verpackt, aufgrund eines neuen Auftrages von SAWADE muss der Bereich erweitert werden um einen zweiten Reinraum, hier sind dann über 50 Beschäftigte tätig, derzeit ist der größte Auftrag das Abfüllen von 6000 Tüten Popcorn wöchentlich
Industriemontage – für das Aluwerk sind 22 Menschen mit kleinteiligen Arbeitsstücken aktiv
Kunstwerkstatt – hier arbeiten KÜNSTLER – in der Werkstatt sehen wir mit großer Bewunderung einen Teil der Kunstwerke, individuell bemalte Becher und Postkarten stehen zum Verkauf
Kreativwerkstatt – für diejenigen, die es nicht zum Künstler «schaffen» – hier werden Aufträge wie das Gestalten von Papier/Pappmaché-Kronen erfüllt
Wir besichtigen auch den Aussenbereich, Mosaik hat den ehemaligen Aldi-Verkaufsbereich dazu gemietet, um ein grösseres Lager zu haben, das sollte schon vor zwei Monaten in Betrieb gehen, haperte aber an der Leitungslegung von Telecom und Arcor – die BIma wußte auf Nachfrage nicht, wo die Verteilerdosen liegen und so mussten sie selbst suchen. Jetzt ist ein solcher Ort gefunden und Herr Falkenberg hofft, dass Ende des Monats auch WLan liegt, damit die Ware von dort herausgeschickt/abgeholt werden kann. So kann der Bereich schon zum Tag der Offenen Tür (letzter Sonntag vor dem ersten Advent) auch für die Öffentlichkeit genutzt werden. Derzeit werden 12 Mitarbeitende am Gabelstapler geschult, um das auch später an die Beschäftigten weiter geben zu können.
Es war eine sehr informative Veranstaltung, bis zum Schluss blieben nur sieben Bezirksverordnete, die anderen hatten Termine….
Vielen Dank, wir kommen gern wieder!